Buch-Tipp: Hommage an den «TXL»

Flughafen Berlin-Tegel
© Andreas Gehrke

Der Fotograf Andreas Gehrke versammelt in einem neuen Bildband fotografische Aufnahmen vom Flughafen Berlin-Tegel und setzt dem ikonischen Bauwerk von gmp Architekten damit ein Denkmal.

Flughafen Berlin-Tegel

Am 8. November 2020 war es soweit: An diesem startete das letzte Verkehrsflugzeug vom Flughafen Berlin-Tegel. Viele Menschen, auch die Autorin dieses Textes, schauten der Airfrance-Maschine auf der Besucherterrasse traurig nach. Deutsche Nachrichtensender übertrugen den letzten Flug live. Seither setzt das Moos an den leer stehenden Gebäuden an. Staub liegt auf den Dächern. Die Buchstaben an den grossen Anzeigetafeln sind erblindet. Aus dem «TXL», wie der Flughafen schlicht bei Vielfliegern und Flughafen-Fans hiess, ist ein gigantischer Lost-Place geworden. Der Fotograf Andreas Gehrke hat das kurze Zeitfenster zwischen der Schliessung und neuen Aktivitäten im Flughafen genutzt, um diesem Bauwerk fotografisch nachzuspüren. Er hat viele Details wunderbar festgehalten.

Flughafen Berlin-Tegel
© Andreas Gehrke

Der Flughafen Tegel war nie nur einfach ein Flughafen. Zu Mauerzeiten war er das «Tor zur Freiheit». Fanden in Berlin die Filmfestspiele statt, landeten hier die grosssen Hollywood-Stars und stolzierten über den roten Teppich.

Architektonisch war der TXL mit seinem als Oktogon angelegten Flughafen ein Kuriosum. Zudem war er für eine Hauptstadt recht klein. Vor fünfzig Jahren ging der Trend eher hin zu riesigen Airports, in denen es leicht war, sich zu verlaufen. Siehe Paris oder London.

Der Flughafen hatte Fans bis zum Schluss. Tegel sei nicht nur einer von vielen Transiträumen einer globalisierten Gegenwart gewesen, heisst es dazu im Begleittext zum Bildband. Sondern „ein visionärer Ort, der zutiefst mit Berlin und der Zeit der deutschen Teilung verbunden ist und mit seiner spektakulären Architektur für die technische Überwindung aller Grenzen steht.“

Seit 2019 steht der TXL, der schon lange wie aus der Zeit gefallen daherkam und am Schluss unter dem intensiven Flugbetrieb nur noch ächzte, unter Denkmalschutz.

Flughafen Berlin-Tegel
© Andreas Gehrke

Die zwischen 1965 bis 1979 von den Architekten Meinhard von Gerkan, Volkwin Marg und Klaus Nickels (gmp) errichtete Flughafen-Anlage »Otto Lilienthal« gilt unter Architektur-Kennern als herausragendes Beispiel für die Architekturepoche der 1960er und –70er Jahre. Man fühlte sich in diesem Flughafen manchmal tatsächlich wie auf einem Filmset.

Flughafen Berlin-Tegel
© Andreas Gehrke

Was nun TXL? »Zurück bleibt Leere. Zurück bleibt aber auch ein utopischer Raum, der mit der Idee dieses Ortes, seiner Architektur und Geschichte verknüpft ist«, schreibt der Herausgeber dieses Bildbands.

Berlin wäre nicht Berlin, wenn die Stadt nicht schnell Lösungen finden würde für leer stehende Gebäude. In Sachen Zwischennutzung ist die Stadt erfahren und wartet immer mal wieder mit innovativen Ideen auf. Das einstige Terminal C wurde in der Hochhase der Corona-Pandemie 2021 und 2022 zum Impfzentrum. Seit einem Jahr ist das frühere TXL Ankunftszentrum für Geflüchtete aus der Ukraine. Dereinst soll hier das Urban Tech Republic-Quartier entstehen. Eines ist sicher: Der TXL wird für Fotograf:innen weiterhin ein spannender Ort bleiben.

© Andreas Gehrke

Buchtipp:

„Flughafen Berlin-Tegel“ , Verlag Drittel Books (Eigenverlag des Fotografen), www.drittelbooks.com, 144 Seiten mit 68 Abbildungen, 55 Euro.

spot_img

Aktuell

Empfohlene Artikel