Die besondere Fotoreportage: Tief unter dem Bahnhof Bern

Tief unter den Gleisen des Bahnhofs Bern werden seit Februar 2021 die unterirdischen Kavernen für den neuen RBS-Bahnhof herausgebuddelt. Am 4. Dezember feiern die Mineure jeweils eine besondere Messe zu Ehren der heiligen Barbara, ihrer Schutzpatronin. So auch unter dem Bahnhof Bern. Fotografisch war es ein Fest für das Auge.

Vor der Messe treffe ich mich mit Christian Schaller vor einer Tür, die nur wenige kennen. Der Pfarrer der Dreifaltigkeitskirche Bern ist ein Insider. Mehrfach war er schon im Stollen unter dem Bahnhof Bern. Schaller erklimmt einen Schacht, der zur Logistikplattform bei der Laupenstrasse führt. Dort steigt er in einen Lift, der ihn 25 Meter senkrecht hinunterführt. Tropfendes Wasser, Feuchtigkeit und gurrende Tauben empfangen ihn in einem Kathedralen-ähnlichen Schacht. Ich begleiten ihn, zusammen mit meiner Sony und der lichtempfindlichen 35er-Festbrennweite.

Tief unter den Gleisen des Bahnhofs Bern wird eine riesige unterirdische Kavernen herrausgebuddelt.(Foto: © Vera Rüttimann)

Weiter geht es über einen schmalen Stollen hinein ins Erdinnere. Angekommen bei der Tunnel-Baustelle, eröffnen sich vor ihm zwei gigantische Kavernen. In wenigen Jahren ist hier der neue unterirdische RBS-Bahnhof in Betrieb.

Mystische Stimmung (Foto: © Vera Rüttimann)
Tunnelbagger neben dem Kreuz (Foto: © Vera Rüttimann)

Kreuz aus LED-Bändern

Der Altar steht vor jenem Loch, an dem sonst Tag und Nacht gebohrt wird. Nur heute ruhen die Maschinen. Der Altar wird flankiert von zwei riesigen Baggern, die von Baustrahlern effektvoll angestrahlt werden. Ein besonderer Blickfang ist auch das riesige leuchtende Kreuz über dem Altar. Mitarbeiter der Elektroabteilung der Marti Tunnel AG haben es für diese Messe extra angefertigt. Es besteht aus Holzlatten, auf die LED-Bänder montiert wurden.

Grosser Tunnelbagger, grell ausgeleuchtet (Foto: © Vera Rüttimann)

Die Mineure kommen aus Ländern wie Portugal, Spanien und Slowakei. Es sind nicht nur Strassenbauer, Schlosser und Maurer hier, sondern auch Vertreter der Bauleitung. «Wir sind heute alle zusammengekommen, um die Schutzpatronin zu ehren und die Arbeit der Mineure zu würdigen», sagt ein Mineur. Stolz können alle Beteiligte sein, was hier seit März dieses Jahres geleistet worden sei. «Heute dürfen wir in der zukünftigen Bahhnhofskaverne Nord diesen jahrhunderatealten Brauch feiern.»

Barbara-Feier (Foto: © Vera Rüttimann)
Die Leute währen der Barbara-Feier im Tunnel (Foto: © Vera Rüttimann)

Der Tunnel als Garten

Alle Blicke sind während der Messe auf die heilige Barbara gerichtet. Die kleine Statue vor dem Altar ist dargestellt mit einem Turm, einem Kelch und einer Hostie sowie einer Fackel. Die Mineure danken ihr, dass in den vergangenen Monaten alles gut gegangen ist. Keine Verletzten, kein Wassereinbruch, nichts.

Ein Gewirr aus Röhren, Schläuchen und Lampen (Foto: © Vera Rüttimann)

Apero in der Kaverne Nord

Nach der Feier treffen sich alle in der Kaverne Nord. Dort gibt es Sekt und Häppchen. Rote, gelbe und blaue Neonröhren leuchten die Rohre, Kabel und Stollen effektvoll aus. Für Thomas Heid war diese Messe etwas ganz Besonderes: «Diesen Traditionsanlass müssen wir weiter pflegen.» 

Die heilige Barbara steht für ihn für Glaube, Besinnung und Verehrung. Seit 12 Jahren im Untertagebau tätig, habe er mittlerweile einen speziellen Bezug zu ihr. «Sie ist die Figur, die mich tagtäglich begleitet.» Auch Christian Schaller spürt beim Apéro die besondere Verbindung vieler Mineure zu dieser Figur.

Bunten Lampen leuchten die Baustelle aus (Foto: © Vera Rüttimann)

Der neue RPS-Bahnhof soll 2026 fertig werden. Bevor in den Tavernen jedoch die Züge einfahren können, wird hier unter Tage noch viel los sein.

 

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