Fotograf Robert Conrad gestorben

Robert Conrad
Die Robert-Havemann-Gesellschaft e. V. informiert:

Die RHG trauert um einen guten Freund. Vor wenigen Tagen ist der Fotograf Robert Conrad plötzlich und unvermittelt verstorben.

1962 in Quedlinburg geboren, wuchs Robert Conrad ab März 1964 in Greifswald auf. Hier entdeckte er seine Liebe zur Architektur und zur Fotografie – beides sollte ihn auf seinen künftigen Wegen begleiten. Er begann bereits in den 1980er Jahren vor allem in Greifswald, die Veränderungen des Stadtbildes zu dokumentieren. Abseits des staatlich organisierten Kulturbetriebes organisierte Robert in Greifswald mit seinen Freunden auch Veranstaltungen der Evangelischen Studentengemeinde, Lesungen und nicht genehmigte Rock- und Punkkonzerte in Abrisshäusern und Hinterhöfen. Dabei zeigte er häufig seine Dia- und Fotoaufnahmen vom Verschwinden der Greifswalder Altstadt.

Greifswald ist es auch, das Christoph Ochs, Fotoarchivar in der RHG, auf besondere Weise mit Robert verbunden hat: „Robert und ich sind in derselben Stadt aufgewachsen, uns aber nie dort begegnet. Als ich anfing, mein Lebensumfeld kritisch zu betrachten, hatte er Greifswald schon verlassen. Kennengelernt haben wir uns dann vor über 15 Jahren in Berlin, als ich für verschiedene Ausstellungsprojekte der Robert-Havemann-Gesellschaft mit ihm zusammen sein umfangreiches Fotoarchiv sichtete. Wir haben dabei oft über unsere Kindheit und Jugendzeit in Greifswald gesprochen, und viele Parallelen festgestellt. Es waren vor allem seine Fotos vom Verfall und Abriss der historischen Altstadt Greifswalds, die mich immer besonders berührt haben und es auch noch heute tun.

Die alte Hanse- und Universitätsstadt hatte den 2. Weltkrieg unbeschadet überstanden. Doch in 40 Jahren Sozialismus verfiel die alte historische Bausubstanz. Weite Bereiche der Altstadt wurden dem Erdboden gleich gemacht und durch kostengünstige Plattenbauten ersetzt. In einem dieser Plattenbauten habe ich einst meinen Gitarrenlehrer durch meine musikalische Inkompetenz zur Verzweiflung gebracht. Nur einen Steinwurf weiter hat Robert einst gewohnt und mit der Fotografie begonnen. Ich kann mich heute an das alte Viertel zwischen Knopf- und Fischstraße, zwischen Markt und Hansering nicht mehr wirklich erinnern.

Die historische Altstadt Greifswalds ist verschwunden, aber Robert hat sie in seinen Bildern bewahrt. Ganz nach dem Motto des amerikanischen Fotografen Richard Avedon, dem der Satz zugeschrieben wird: ‚Ohne Fotografie ist der Moment für immer verloren, als ob es ihn nie gegeben hätte.‘“

1987 zog Robert nach Ost-Berlin und machte bei seinen fotografischen Streifzügen auch heimliche Aufnahmen von der Mauer. Die 1990er Jahre, er studierte Kunstgeschichte und Architektur in Berlin und arbeitete nebenbei als Fotograf, gehörten zu seiner produktivsten Zeit. Dabei entstanden umfangreiche Fotoserien. Als angehenden Architekten interessierten Robert dabei besonders die baulichen Relikte aus der DDR-Zeit. Systematisch dokumentierte er die Berliner Mauer von der ersten Öffnung bis zur Demontage, eine Auswahl daraus zeigen wir seit 2021 in der Ausstellung „Das Verschwinden der Mauer“.

Robert war bis zuletzt umtriebig und entwickelte zusammen mit seinen vielen Freunden und Wegbegleitern zahlreiche Publikations- und Ausstellungsprojekte. Wir alle in der RHG haben uns immer über und auf die Arbeit mit ihm und die immer herzlichen Gespräche gefreut.

Gerne hätten wir noch in vielen weiteren Projekten mit Robert zusammengearbeitet. Einen grossen Teil seines fotografischen Schaffens hat Robert schon früh dem Archiv der DDR-Opposition zur Verfügung gestellt, wo es bewahrt wird und durch alle Interessierten eingesehen werden kann.

Sein unumwundener Blick durch die Kamera auf Stadtraum und Zeit wird uns fehlen. Aber so wie durch seine Fotos die Erinnerung an die Altstadt Greifswalds lebendig geblieben ist, wird auch die Erinnerung an Robert immer lebendig bleiben. Unsere Gedanken sind bei seiner „Liebsten“, wie er oft sagte, und seinen Angehörigen.

spot_img

Aktuell

Empfohlene Artikel