Schweizer Fotograf:innen in Berlin

Am Europäischen Monat der Fotografie in Berlin ist auch die Fotokunst aus der Schweiz vertreten. Der Neue Berliner Kunstverein (NBK) setzt seine Ausstellungsreihe fort, die der Fotografie verschiedener Länder gewidmet ist. Neun Künstler und Künstlerinnen hat der Kurator Urs Stahel, Direktor des Fotomuseums Winterthur, ausgewählt, um die Positionen der Schweizer Fotografie zu zeigen. Gezeigt werden Fotografien von Daniele Buetti, Hans Danuser, Katrin Freisager, Claudio Moser, Cat Tuong Nyuyen, Marco Poloni, Ugo Rondinone, Annelies Strba und Peter Tillessen. Die Fotoszene in der Schweiz, schreibt Urs Stahel im Katalog zur Ausstellung, habe in den letzten 15 Jahren einen grossen Boom durchgemacht.

Wie aber steht es eigentlich um Fotograf:innen in Berlin? Welche Spuren hinterlassen sie in der deutschen Hauptstadt? Pixelnews.ch pickt sich zwei Biographien heraus.

Eva Brunner, Luzern

Eva Brunner
Schweizer Fotografin in Berlin, in ihrer Ausstellung «No Escape from Paradise» in der Haze Gallery in Berlin.
Bild © Vera Rüttimann

Eva Brunner lebt seit 1987 in Berlin. Die gebürtige Luzernerin war Meisterschülerin von Arno Fischer an der Ostkreuzschule für Fotografie. Vom berühmten Fotolehrer hat sie viel gelernt: Jeder sollte seine eigene Bildsprache finden. Schaut nicht drauf, was gerade in ist, habe er ihr gesagt, sondern versucht herauszufinden, was eure Stärken sind und wer ihr wirklich seid. «Ihm war der Mensch wichtig und was für Fotos er auf den Tisch legte. Für mich war er zum Schluss ein väterlicher Freund.»

Bekannt geworden ist Eva Brunner u.a. durch Bilder, die zwischen Traum und Realität changieren. Immer wieder inszeniert sie dabei eine Mann in ihre Bilder. Dargestellt wird er von ihrem Mann Bernhard Kempen. Früher habe sie eher dokumentarisch gearbeitet. Heute seien ihr das Zeigen innerer Bilder wichtiger.

Was ihr gefällt: Die internationale Durchmischung der Fotoszene Berlin hat in den letzten zehn Jahren stark zugenommen. 

Sie blieb wie viele Schweizer:innen eher zufällig in Berlin hängen. Sie suchte eine Stelle als Regieassistentin und fand sschrieb alle deutschsprachigen Theatern an. Nach einem Zwischenhalt am Stadttheater Luzern bewarb sich Eva Brunner 1987 für das «Aufenthaltsstipendium für junge deutschsprachige Autoren» des Berliner Senats. Sie bekam es. Zwei Jahre vor dem Fall der Mauer zog sie nach Berlin.

Nelly Rau-Häring, Basel

Nelly Rau-Häring
Bild © Nelly Rau-Häring

Ähnlich erging es Nelly Rau-Häring. Die gebürtige Baslerin fand in der Schweiz keine Fotografen-Lehrstelle. Sie beschloss, nach West-Berlin an die Lette-Schule zu gehen. 1965, vier Jahre nach dem Bau der Mauer, kam sie in diese Stadt. «Zu dieser Zeit ging niemand nach Berlin. Man fuhr nach Paris, nach Swinging London, aber Berlin, das war nicht in. In Basel sagten sie: Du spinnst», sagt sie. Ihre Eltern dachten liberal, zitierten stets einen Schlager: “Bist Du verrückt mein Kind, fahr’ nach Berlin, da wo die Verrückten sind.“

1965 war der Krieg in Berlin noch nicht lange vorbei. «Die Stadt war ausgeblutet, am Potsdamer Platz war alles tot. Im einzigen Haus, dass dort noch stand, fand ich meine erste Wohnung, in einem Gebäude, das mehr Ruine war als Haus.»

Ihr Atelier lag viele Jahre hinter dem Flughafen Tempelhofs in West-Berlin. Hier hortete sie ihre Foto-Schachteln, Notizen und Kameras. «Die Brüche in dieser Stadt und in den Menschen, das hat meine Ästhetik geprägt», sagt sie. In ihrer Ausstellung «OST-WEST-BERLIN» im F3 Freiraum für Fotografie in Kreuzberg zeigte Nelly Rau-Häring 2019 viele ihrer bekanntesten Aufnahmen. Heute lebt die Fotografin wieder in Basel.

Aktuell

Empfohlene Artikel