Werdet endlich Nachhaltig – Ein Text von Anina Mutter

Eine Bilderserie von Nicole Rötheli die in Zusammenarbeit mit der Nachhaltigkeitsbloggerin Anina Mutter entstanden ist und die Leser zum Nachdenken und Aufwecken animieren soll.

Text: Anina Mutter
Bilder: Nicole Rötheli

Anina Mutter ist Nachhaltigkeitsbloggerin und versucht ob dem teils doch schweren Thema nicht immer mal wieder im Weltschmerz zu versinken. Digital unter @aninamutter oder auf ekkoist.com nimmt sie dich mit in ihr verspieltes, manchmal kratzbürstiges (im besten Sinne), unangepasstes und möglichst bewusstes Leben und zeigt, dass Nachhaltigkeit weder langweilig, noch uncool sein muss, sondern auch wahnsinnig viel Spass machen kann und in erster Linie sehr (er)lebbar ist.

Da starre ich also in meinen Bildschirm, brain irgendwie blank. Draussen die Sintflut, nein, nein, wir sind nicht in der Klimakrise. Alles normal. Auf meinem Schoss, in ein kleines Bündel Fell zusammengerollt, mein kleiner Hundefreund, Pax. Dankbar für seine warme Nähe. Schreiben fällt mir leicht, ist ja mein Job. Aber heute, da starrts vor allem.

Über Nachhaltigkeit soll ich, will ich, schreiben. Das Wort fühlt sich langsam echt abgelutscht an. Greta, denkt es in meinem Kopf. Krass wie eng dieser Name mit Welt retten verbandelt ist. Greenwashing. Ja, kotzt an. Aber ist ja nichts Neues, dass sich der Kapitalismus an Hypes bedient. Und why the fuck fliessts heute beim Schreiben nicht? Jetzt wo ich die Chance habe, an die sechshundert Wörter an dich zu richten. Zum Thema, das mich mitunter am meisten beschäftigt.

Aber ich hab echt keine Lust wie die nörgelnde Ökotante zu tönen und dir zum tausendsten Mal damit in den Ohren zu liegen, dass du bitte deine PET-Flaschen recyceln sollst. Not my job anyways, das sollte eher dein Gewissen schon besorgen. Aber irgendwie scheinen unsere Gewissen in einer kollektiven Ignoranz verschollen zu sein, wie sonst könnten wir unsere Welt so an die Wand fahren? Oder naja, zumindest beinahe schon genüsslich, unsere Stirn an ihr reiben, bis es dann, vielleicht irgendwann, bald?, einmal kracht. Frontal?

Totalschaden? Das weiss ja niemand so richtig. Ich auch nicht. Aber ich hab echt kein gutes Gefühl, wenn ich dem ganzen Weltzirkus zuschaue. Auch die ganzen Special Effects mit Feuer, Fluten und anderen crazy Sachen, machen mir irgendwie ein schummriges Gefühl im Magen.

Und ich denk dann halt einfach immer wieder darüber nach, wie krass selbstzerstörerisch das alles ist. Und wie sich das für mich, nach ganz viel fehlender Selbstliebe anfühlt. Weil, also ganz ehrlich, willst du dich echt absichtlich vergiften? Hast du echt Bock dir selbst zu schaden? Like how did we even get to this point? Wir finden es geil uns mit Müll, Bullshit und Gift das Leben ein bisschen (sehr) zu verkacken.

Du weisst nicht, was ich meine? Also, wenn du möchtest kannst du dich mit Kosmetik eindecken, die nicht nur die Gewässer (und @surfmagazin die Ozeane) vergiftet und mit Mikroplastik tötet, sondern auch zum Beispiel dein endokrines aka hormonelles System total durcheinander bringt. Wenn du es magst, kannst du dir Mahlzeiten gönnen, die dafür sorgen, dass du ziemlich sicher irgendwann krank wirst. Wenn du sogar willst, kannst du auch gleich noch Kleider haben, die nicht nur die Näherinnen in Bangladesch krank gemacht haben, sondern auch dich noch ein wenig vergiften. Geil, Giftcocktail included. Überall. Und das Beste, Ausgeklügeltste, am Ganzen, das macht alles noch total süchtig. Shopping, Food, Unterhaltung, – wir können nicht mehr ohne den künstlichen Kick.

Hups, sorry. Das wurde gerade ein wenig leidenschaftlich. Ich sag imfall auch gar nicht, dass du schuldig bist. Das ist mir wichtig. Wir sind alle mitschuldig. Und auch mit gefangen. Gar nicht so einfach, ob der ganzen Komplexität noch klar denken und sehen zu können. Denken ist sowieso auch nicht mehr unsere Stärke. Lieber benebeln wir unsere Sinne mit künstlicher Unterhaltung, Trash TV (und ja, ja, schau ich manchmal auch) – aber Freunde, die Dosis macht das Gift. Wenn einer dieser doofen Moralsprüche wahr ist, dann dieser.

Das Problem? Wir haben das Bewusstsein verloren. In jeglicher erdenklicher Form. Für uns selbst. Für alle anderen. Für unsere Umwelt. Dabei ist ein wacher, bewusster Kopf der Anfang der Lösung. Und eine gute Dosis an Selbstliebe (du kannst das in ganz un-esoterischer Manier lesen).

Und weisch, ich finde ganz fest, Nachhaltigkeit muss auch lebbar sein und Spass machen, darf gut aussehen und wild sein. Da geht es bei weitem nicht nur um Bio-Produkte und Recycling. Sondern auch darum, wie es dir geht. Um Bewegung. Um soziale Kontakte. Nachhaltig bedeutet, dass etwas langfristig bestehen kann (auch du) ohne Ressourcen auszubeuten und so zu (be-)nutzen, dass sie endlich werden. Also, how are you?

Ich schlag vor, du gehst jetzt einfach mal raus. Nimmst einen, oder zwei, tiefe Atemzüge. Springst in einen See, schliesst die Augen und umarmst wie Ökotante Anina einen Baum, streichelst das warme Fell eines Tierfreundes, lässt dir den Wind um die Ohren brausen auf einem Skateboard, oder grillierst eine (vegane) Bio-Wurst über einem kleinen Feuer (scheiss auf die grässlichen Alugrille).

Geh raus. Schliess die Augen. Und spür dich ganz bewusst.

Bewusst. Da fängt das Welt retten nämlich an.

Bei dir. Jetzt.

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